Mittwoch, 7. April 2010

4. Szene



4. Szene

Rotpeter, Gregor, Josephine stehen wie Marionetten vor dem Tisch. Sie tragen Bikini, eine kleine Kochschürze und Pumps. Die Körper sind mit brauner Erde eingeschmiert. Alle drei haben ein großes, buntes Spielzeughandy in der Hand. Vor den dreien auf dem Boden liegt ein großer Spiegel.

F steht auf dem Tisch u. hält die Fäden der Marionetten in der Hand. Er trägt wieder Mantel und Melone. Darunter die kurze Hose.

Auf dem Tisch liegt eine leere Klopapierrolle.

F lässt die Marionetten hampeln.

F:

Achtung. SMS-Diktat. Ich werde euch Ordnung lehren.

Rotpeter, Gregor, Josephine stehen stramm.

F lässt die drei wieder hampeln.

F lässt Rotpeter hampeln.

F:

Mein Herr, schreiben Sie!

Rotpeter hält das Handy bereit.

F laut und langsam:

Es gibt nur zweierlei

Rotpeter tippt. Gregor und Josephine hängen in den Seilen.

F:

Mein Herr, senden Sie das dem da!

F lässt Josephine hampeln.

Rotpeter schickt demonstrativ die SMS ab.

Klingelgeräusch.

Josephine steht stramm und liest laut und langsam:

Es gibt nur zweierlei

F:

Lauter!

Josephine noch einmal:

Es gibt nur zweierlei

F lässt sie hampeln.

F fährt sich über die Stirn. Er schwitzt. Er zieht umständlich den Mantel aus, nimmt währenddessen die Fäden einmal in die eine dann in die andere Hand.

F wischt sich noch einmal die Stirn ab.

F lässt Gregor hampeln.

F:

Jetzt Sie, mein Herr.

Gregor steht stramm. Brüllt:

Jawoll!

F:

Maul halten. Ich ertrage keinen Lärm.

Gregor:

Jawoll!

F diktiert:

Wahrheit u. Lüge.

Gregor wiederholt beim Tippen:

Wahrheit u. Lüge.

F:

Das ist für Sie, mein Herr Schmutzfink.

F grinst feist. Rotpeter zappelt. Klingelgeräusch. Rotpeter hält ihr Handy hoch.

F:

Singen Sie, mein Herr.

Rotpeter singt:

Wahrheit u. Lüge.

F lacht. Rotpeter, Gregor, Josephine trippeln.

F nimmt die Fäden in eine Hand, steckt die Klopapierrolle in die Unterhose. Lässt das Becken lasziv kreisen.

F stößt mit dem Unterleib nach vorne in die Luft, der Oberkörper geht gleichzeitig nach hinten, dabei zieht er Josephine an den Fäden in die Höhe.

F stakkatohaft:

Jetzt Sie, mein schmutziges kleines Männchen.

Josephine steht stramm.

F brüllt:

Die Wahrheit ist unteilbar.

Josephine leise und devot:

Die Wahrheit ist was?

F, jede Silbe betonend:

Unteilbar.

F macht wieder die lasziven Bewegungen u. zieht Gregor in die Luft.

Gregor schreit erschrocken auf.

F:

Ruhe!

Gregor lässt das Handy fallen.

F:

Sie debile Sau. Sie imbeziles Schwein. Sie lesen mir den Satz jetzt 10 Mal vor. Und zwar laut und deutlich.

Gregor hebt das Handy auf.

Gregor missmutig 10 Mal:

Die Wahrheit ist unteilbar.

F reibt sich im Schritt. Streckt die Zunge heraus. Sagt, während Gregor liest:

blablabla!

F steht still.

Nur andeutungsweise zieht er an den Fäden von Josephine.

F haucht:

Liebster, mein Herr, wenn ich freundlich grüßen darf. Wenn ich bitten darf.

Josephine tut gelangweilt.

F flüstert:

kann sich also selbst nicht erkennen

Josephine:

kann sich

F:

also

Josephine:

also

F:

selbst nicht

Josephine:

selbst nicht

F fast lautlos:

erkennen

Josephine, nachäffend:

erkennen

Gregor u. Rotpeter, nachäffend:

erkennen

F reißt an ihren Fäden, als wolle er sie strangulieren:

Fresse halten!

F leise:

Gäbe es sie nur alle nicht. Ich hätte wahrlich besseres zu tun. Aber so. Ich kann nicht anderes. Kann einfach nicht anders. Ich muss das tun. Ich muss, muss, muss.

F aus seinen Gedanken hochschrecken:

Schicks dem sauberen Herrn da!

F lässt die Fäden von Rotpeter locker, so dass sie zu Boden sinkt.

Klingelgeräusch.

Rotpeter, zusammengesackt u. ganz schnell:

kann sich also selbst nicht erkennen

F:

Noch einmal!

Rotpeter noch schneller:

kann sich also selbst nicht erkennen.

F:

Meinetwegen.

F zieht genervt an den Fäden Gregors:

Nun Sie.

Gregor:

Schon wieder.

F:

Kein Wort.

Gregor tippt u. sagt:

Kein Wort.

F:

Nein! Sie Idiot. Sie gehen heute ohne Abendbrot zu Bett.

Gregor:

Sie gehen heute ….

F:

Nein. Fresse. Jetzt.

F diktiert:

wer sie erkennen will

Gregor affektiert:

Wer sie erkennen will

F:

Die Sache nervt. Los, schick das dem Früchtchen da!

F schlenkert Josephine, die Schlangenbewegungen macht.

Klingelgeräusch.

Josephine:

wer sie er….

F:

schneller

Josephine schnell:

kennen will

F:

Gut, mein Herr. Und jetzt Sie Dreckskerl!

F zeigt verächtlich auf Rotpeter.

Rotpeter:

Ich war schon.

F:

Na und! Faule Sau!

Rotpeter:

Jetzt aber. Ich war doch immer lieb und nett zu dir.

F:

Dann halt’s Maul und schreib.

Rotpeter wartet. F überlegt. F schlottert.

F, nebenhin:

Mich friert wieder. Aber erst die Arbeit.

F laut u. weihevoll:

muss Lüge sein.

Rotpeter bettelnd, zu F hochschauend:

muss Lüge sein.

F in Gedanken:

muss Lüge sein

Rotpeter tippt noch einmal.

F:

Dem da.

F lässt Gregor müde hampeln.

Klingelgeräusch.

Gregor wie eine Stimme von Tonband, das viel zu langsam läuft:

muss Lüge sein.

F:

Das war’s.

F lässt die Fäden aus der Hand gleiten. Rotpeter, Gregor, Josephine fallen auf den Boden. Sie halten ihren Kopf über den Spiegel. Schauen ihre Gesichter an. Tun so, als würden sie sich schminken.

F setzt sich auf den Tisch. Tritt nach den dreien:

Verschwindet jetzt.

Rotpeter, Gregor, Josephine kriechend ab.

F:

Muss Lüge sein.

F schüttelt den Kopf. Zieht im Sitzen den Mantel wieder an. Dann stellt er sich über den Spiegel.

F:

Muss Lüge sein.

F ab, dabei zieht er die Klopapierrolle aus der Hose u. wirft sie über die Schulter.

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